Lehrkonzept
Der Lehrende sollte seinen Schülern gegenüber einen großen Wissens- und Fähigkeitsvorsprung besitzen. Sein Interesse an den Schülerarbeiten ist, abgesehen von ihrer Quelle für die eigene Inspiration, zum einen korrigierend am Einzelbeispiel und zum anderen didaktisch übergeordnet orientiert. Die Erfahrung mit den Schwierigkeitsstufen künstlerischen Sehens und Gestaltens und die richtige Kreation und Wahl der Übungsschritte sind unverzichtbar für eine planvolle und erfolgreiche Kunsterziehung.
Magnus Kleine-Tebbe, Braunschweig 2003
Der Blick von außen: Gedanken zur Tätigkeit von Magnus Kleine-Tebbe
Magnus Kleine-Tebbe hat in Nürnberg bei Prof. Uhlig studiert und hat dann anschließend als Assistent in dem von mir geleiteten Institut für Elementares Formen der Technischen Universität Braunschweig fast sechs Jahre gearbeitet. Er suchte also ganz bewusst figürlich arbeitende Lehrer für sich. Für ihn stand es von Anfang an fest, dass er sich mit seiner Kunst humanistischen, menschlichen Zielen verschreiben wollte. Das ist nur figürlich möglich.
Während er bei Prof. Uhlig den Akt zeichnen und zu modellieren gelernt hat, und zwar von Grund auf und auf einer hohen Qualitätsstufe, kam er zu mir, um seine figürliche Arbeitsweise auch mit theoretisch anschaulichen Konzepten zu untermauern. Er kannte mein Buch „Gestalt, Bewegung, Farbe“, das den Weg von rein abstrakt-anschaulichen Vorstellungssystemen zur Natur und zur menschlichen Figur, mit ihrer Aktion und Reaktion weist. Dieses System hat er nicht nur sich erarbeitet und verstanden, sondern konnte es auch in seine Skulpturen übernehmen. Das zeigt sich besonders in den ausdrucksstarken, dreidimensionalen Krümmungen seiner plastischen Arbeiten, wie z.B. der in Marmor gehauenen Laodizea 2000 – in dem träumenden, sinnenden Gesicht, unter dessen Schwellungen wir das pulsierende Leben eines jungen Menschen spüren. Die lebensbejahende Schönheit der dargestellten Person, die mit äußerster Sensibilität anschauliche Theorie und erlebte Wirklichkeit vereint, steht fast allein in unserer an Humanem uninteressierten künstlerischen Umwelt. Dafür braucht er die Kraft des begeisterten Einzelgängers, der für seine Ideale eintritt, unangepasst und von Innen geleitet. So ist es auch kein Wunder, dass ein Bildhauer, der an seinen Mitmenschen so interessiert ist wie Magnus Kleine-Tebbe, ein bedeutender Portraitist ist. Das belegt das Portrait Theodor Kohl mit seiner sensiblen, intellektuellen Ausstrahlung ebenso wie der blockhaft gespannte, in sich selbst ruhende Kopf des Boas in Wolfsburg.
Da es kaum Lehrer gibt, die wirklich humanistische Kunst und ihre theoretische Basis vermitteln und erst recht seine ihn umgebenden künstlerischen Altersgenossen in den Machwerken des Kunstmarktes der letzten 40 Jahre stecken geblieben sind, ist der Weg zu solcher Kunst nicht vorgezeichnet, ganz auf die Eigeninitiative des jungen Bildhauers angewiesen. Vom handwerklichen Können – Kleine-Tebbe führt alles bis zum Schluss selber aus – über das formale Grundwissen und die Vereinigung mit der sichtbaren Welt ist er fast immer auf sich selbst angewiesen – Anregungen von Außen kommen nur selten. Trotzdem aber ist Magnus Kleine-Tebbe inzwischen ein bedeutender Zeichner und Bildhauer, dem immer wieder überzeugende Leistungen gelingen. Da er sich das alles selber erkämpft hat, ist er in der Lage, die Begeisterung für diese Kunst auch didaktisch anderen zu vermitteln. Er ist hochbegabt und hat heute schon, trotz seiner Jugend, wichtige Werke vorzuweisen, sodass wir für seine Zukunft nur hoffen können, dass er eines Tages einer von den Wenigen sein wird, die die Antwort auf die Fragen unseres Lebens geben können.
Prof. Jürgen Weber, Braunschweig, September 2000